Jetzt hat der Welpe schon an Tag 1 Deinen Pantoffel angeknabbert - wie gehen wir denn damit um? Reden wir drüber.

Wenn ich jetzt mies wäre, würde ich jetzt einen Vortrag über instrumentelle und operante Konditionierung halten, bis euch das Gehirn schmilzt.

Was hätten wir davon? Nüscht.

Ihr könnt dann zwar beim nächsten Treff auf der Hundewiese (Hah! Falle, da gehen wir ja nicht hin mit unserem Welpen!), also beim Stammtisch ein paar nette Fremdwörter vortragen, aber von Hundeführung haben wir dann dennoch keine Ahnung.

Deswegen mal in einer Sprache, die wir Normalsterbliche verstehen.

Ihr bringt den Welpen das erste Mal nach Hause und schon knabbert er den Teppich an oder pinkelt auf die Fußmatte.

Euer System bewertet sofort und will loben, ach nee, eher strafen oder müsst ihr jetzt drohen? Ihr müsst gar nichts. Außer erst einmal alle Teppiche wegrollen, denn die werden sonst stark beansprucht in nächster Zeit. Legt eine alte Badezimmermatte, alte Handtücher oder Wickelunterlagen aus und wenn der Welpe sich darauf erleichtert, freut ihr euch und nein, wir bringen ihm dadurch nicht bei, drinnen zu pinkeln.

Wer übrigens heute noch einen Welpen mit der Schnauze in den Urin tunkt, ist ein Vollidiot und das ist noch milde gesagt, aber dazu schauen wir uns später das Kapitel Stubenreinheit an.

Kommen wir zurück zu Lob und Strafe.

Der Welpe muss lernen, dass er den Teppich nicht anknabbern darf. Korrekt. Wenn der Welpe den Teppich aber schon angeknabbert hat, also Vergangenheit, dann behalten wir unsere Meinung und Zorn für uns und machen GAR NICHTS! Ihr könnt nur für die Zukunft, für das nächste Mal trainieren und euch vorbereiten.

Das, was eben gerade war, darauf habt ihr keinen Einfluss mehr. (Mantra, vorsagen, immer und immer wieder.)

Der Welpe müsste sich herleiten, dass er gleich etwas Unangenehmes fühlen wird, z.B. Schmerz, weil er in der Vergangenheit etwas falsch gemacht hat.

Wo liegt der Fehler? Der Welpe hat kein Ich-Bewusstsein und kein zeitliches Denken. Die Vergangenheit ist passé, er wird die Strafe nicht mehr mit seiner Handlung von vor einigen Sekunden oder Minuten in Zusammenhang bringen.

Gegenargument ist dann oft: Aber wenn er den Schmerz mit dem Teppich verknüpft, geht er ja auch nicht mehr ran – ja, dann habt ihr das Problem für diesen Teppich an diesem Ort gelöst, aber wenn ihr so herangeht, müsst ihr Millionen einzelner Sachen trainieren und macht es da nicht mehr Sinn, ein „Lass das bitte“-Signal zu trainieren, dass ihr in jeder Situation anwenden könnt?

Und wer will seinem Welpen bitte bewusst Schmerz zufügen?

Jetzt mögen die Eltern unter euch sagen: Jahaaa, aber wenn ich dem Kind zur Strafe 1 Woche Handyverbot erteile, dann funktioniert das wieder mit den Hausaufgaben. Ja und warum? Weil die Motivation, die Aussicht auf das Handy, die treibende Kraft ist.

Eine Kundin erzählte mir, dass sie als Kind eine sehr strenge Klavierlehrerin gehabt hat, die beim Griff in die falsche Taste mit einem Stock auf die Hand geschlagen hat. Ich habe sie gefragt, ob sie dadurch besser spielen gelernt hat.

Ja, habe sie.

Aus Angst vor dem Schmerz hat sie ununterbrochen geübt und sich vor und nach den Stunden als Kind immer übergeben vor Stress, bis sie magenkrank und psychisch so angeschlagen war, dass ihre Eltern erlaubt haben, dass sie aufhört.

Heute ist sie übrigens Klavierlehrerin und eine sehr strenge. Die Kinder kommen trotzdem gerne zu ihr. Das kann ich bestätigen, da ich per Zufall in einer anderen Familie eine ihrer Schülerinnen kennenlernen durfte, die begeistert von ihr ist.

Sie fordere sehr viel, aber es macht so Spaß!

Motivation ist unsere Lernmethode – Schmerz und Strafe, das wollt ihr nicht.

Nehmen wir also an, ihr erwischt den Welpen dabei, wie er gerade in den Teppich beißt - da ist sie, eure Chance, ihr packt den Welpen und staucht ihn mal so richtig zusammen. Der Welpe verbindet also das Beißen in den Teppich mit dem Schmerz (ja, da müsst ihr jetzt zu stehen) und wird es nicht wieder tun: Voila - ein Erfolg.

Euer Welpe hat gelernt, dass er um Schmerzen zu vermeiden, etwas nicht tut. Nach ein paar Wiederholungen wird der Junghund euch entweder in die Hand hacken oder er wird sich soweit in sich zurückziehen, dass wir einen tierschutzrelevanten Fall von „erlernter Hilflosigkeit“ haben.

Und um es nochmal auf den Punkt zu bringen, in dem Wissen, dass ihr es schon verstanden habt, aber es ist zu wichtig und entscheidend für euer gesamtes Leben mit Hund:

Kinder, die versuchen ruhig zu sein, damit die Eltern sie nicht schlagen, empfinden das gleiche: Furcht und Angst. Kein schöner Start mit dem Welpen.

Aber ihr seid besser als das. Ihr werdet stolz auf euch sein, es besser zu machen als andere. Bedenkt, der Welpe liebt euch bedingungslos, auch wenn ihr ihn überkorrigiert, also völlig unangemessen hart reagiert, wird er sich nächsten Tag über euch freuen - darin liegt viel Verantwortung.

Zurück zum Teppich. Wenn der Welpe auf dem Weg zur Teppichkante ist, schnappt ihr euch seine Hausleine, die immer an ihm baumelt, äußert ein Abbruchsignal (Vorschlag: „ÄHÄH“), haltet ihn durch das Halten der Leine davon ab an die Teppichkante heranzugehen und werft in die andere Richtung Futter, sobald er auch nur ein wenig Entspannung zeigt.

Wie oft muss ich das machen? Oh, hunderte Male. Aber auf die Lebenszeit des Hundes gerechnet ist das auch ok so. Wenn ihr das nicht einseht, rufe ich eure Eltern ab und frage, ob ihr nach 1x „Nein“ immer brav gehört habt.

Geht der Welpe danach wieder an den Teppich, macht gerne 2,3 Wiederholungen und dann wird der Welpe verortet oder ihr schmeißt den Teppich, für ein paar Wochen raus.

Klingt nach zu viel Aufwand? Extra die Wohnung umräumen… Ich habe Menschen getroffen, die sich wochenlang um die Teppichkante mit ihrem Welpen gestritten haben - ist es das wert? Ihr habt noch eine Menge anderer Sachen zu erledigen. Macht es euch nicht so schwer und räumt ein paar Dinge, die euch lieb und teuer sind, lieber weg.

Schaut, wie ich abgeschweift bin. Jetzt komme ich aber mal zum Punkt hier, da warten schließlich noch etliche Kapitel:

Also, es ist wissenschaftlich bewiesen und vollkommen logisch, wie die echten Profis zu arbeiten und bei dem Hund das Training der positiven Verstärkung zu wählen, aber auch Grenzen zu setzen. Diese werden aber in einem angemessenen Umfang gewählt.

Das Zaubermittel ist und bleibt Dopamin. Mit diesem großartigen Cocktail im Kopf lernt der Welpe schnell und nachhaltig - mehr dazu im Kapitel Neurologie. Nicht dahin wechseln jetzt, ich brauche hier noch eure vollkommene Aufmerksamkeit und danach macht ihr Pause. Das hier sind die wichtigsten Zeilen.

Konsequenz und Grenzen, ja. Strafe, nein. Dopamin - oh yes!!

Wir bestätigen den Welpen mit Futter oder Ersatzbeute, wie einem kleinen Dummy oder ähnliches (keinen Ball!). Ihr tragt tagsüber immer eine Futtertasche auf der Hüfte, denn Timing ist gefragt und zuerst zum Schrank zu laufen - dafür haben wir keine Zeit.

Wenn der Welpe nur noch Knete im Kopf hat und kein Verhalten mehr zeigt, dass ihr belohnen könnt, kommt er in seine Ruhebox oder ihr dreht eine Runde mit ihm. WIE, DEN WELPEN AUCH NOCH BELOHNEN?? Merkt ihr, da soll wieder die Strafe kommen. Kommt aber nicht.

Wir haben IMMER die Möglichkeit, eine angemessene Grenze zu setzen. Wir müssen an der Leine nicht rucken, wir können sie halten und warten, warten, warten … oh der Welpe lässt etwas locker und ich kann ihn von der Amsel im Park umlenken auf mich.

Wir können Dinge wegräumen, um nicht darum streiten zu müssen (also Management), wir können Sachen verstellen, die der Welpe nicht tun soll, beispielsweise auf die Couch springen oder in das Kinderzimmer gehen, Stichwort Kartons oder Absperrgitter. Ja, ist hässlich, aber doch sehr viel weniger Aufwand im Vergleich zu 20x während der Telefonkonferenz sich zu entschuldigen, weil der Welpe wieder auf die Couch gesprungen ist. Er hat dann schon seinen Erfolg gehabt und dass wir ihn 20x herunternehmen, bedeutet, dass wir 19x inkonsequent waren. Wenn wir keine Zeit haben, zu trainieren oder eben mal Geld verdienen müssen, stellen wir was vor die Couch und der Welpe hat keine Chance ein Fehlverhalten (aus eurer Sicht) zu zeigen.

Aber meine Wohnung ist doch so schön eingerichtet!

Soll ich eure Eltern anrufen und fragen, was sie vor euch alles wegräumen oder in der Wohnung verändern mussten, damit ihr unbeschadet groß werdet? Nein, ok, dann lebt ihr eben ein paar Monate mit Absperrgitter oder Kartonage als Interior.

Alte Schule vs. Wahrheit

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